Donnerstag, 11. Dezember 2008

Lust auf Grenzerfahrung

28-Jähriger fährt für Giovane-Elber Stiftung mit dem Rad durch Südamerika.
Vier Monate allein. Ob
en die Sonne, unten die Schotterpiste. Keiner zum Reden. Um Spenden für Straßenkinder zu sammeln, radelt der Nersinger Simon Galler durch Südamerika. Sponsoren willkommen. (CLAUDIA REICHERTER)

Nersingen/Region. „Ich bin mir sicher, relativ früh an meine Grenzen zu kommen“, sagt Simon Galler aus Nersingen. „Da gilt es dann, zäh zu sein.“ Der 28-Jährige fliegt am 18. Dezember mit seiner Freundin nach Brasilien. An sich kein grenzwertiges Vorhaben. Die beiden Pädagogen wollen in einer Schule im Armenviertel von Londrina eine Ferienfreizeit für Kinder gestalten. Anfang Januar aber rückt die erwartete Grenzerfahrung näher: „Dann hefte ich meine Satteltaschen ans Rad und radle los“, kündigt der Schreiner und Heimerzieher an. Mit dem Fahrrad will er vier Monate lang allein durch Südamerika reisen. Kilometer sammeln. Nicht fürs eigene Tagebuch, sondern für einen guten Zweck. Denn pro geradeltem Kilometer geben Sponsoren Geld für die Schule in der Favela der 500 000-Einwohner- Stadt Londrina. Das ist es, was den Nersinger an seinem Projekt reizt: Das persönliche Vergnügen mit einer Herausforderung, und die Herausforderung mit sozialem Einsatz zu verbinden. „Ich möchte mit dieser Reise gewisse Ideale umsetzen“, sagt er: Armut bekämpfen und ein elementares Menschenrecht umsetzen helfen, das Recht auf Bildung. Die Idee wurde diesen Sommer geboren. Da seine Freundin im Allgäu ihre erste Stelle antrat, steht auch für den derzeit in Heidelberg tätigen Jugend- und Heimerzieher ein Wohnort- und Jobwechsel an. Ein Einschnitt, eine Zäsur im Lebenslauf. Solche Zeiten der Veränderung und des Umbruchs eignen sich, ungewöhnlicheUnternehmungen einzuschieben. In Gallers Fall heißt das: erst 2120 Kilometer von Brasilien über Uruguay nach Buenos Aires.

Gallers Dreikampf: Vergnügen, Qual, sozialer Zweck
Ob er auch durch Feuerland radelt, hängt von verschiedenen Faktoren ab: seiner Fitness, den klimatischen Bedingungen und der Dauer zur Erledigung von GrenzübertrittsformalitaÅNten. Dann geht es weiter nach Chile, durch den südlichen Zipfel Perus nach Bolivien. Von Santa Cruz fährt er mit dem Zug zurück nach Londrina. Ob er in der Stunde drei oder 50 Kilometer schafft, „wird die Erfahrung zeigen“, sagt der Nersinger Hobbyradler. Auf Schotterpisten mit Schlaglöchern, steilen Passstraßen, Temperaturen von 40 Grad Celsius bis unter den Gefrierpunkt, bei Gegenwind und Starkregen, mit 35 bis 40 Kilo Gepäck bei 73 Kilo Körpergewicht. In 4000Metern Höhe in den Anden werde nicht nur die Luft dünn – Rad- und Skitouren führten ihn bislang maximal 3000 Meter hoch –, sondern auch die Versorgung. „DasWasser werde ich aus jeder Pfütze selbst aufbereiten, denn mindestens acht Liter am Tag soll man trinken“, sagt Galler. Allen Widrigkeiten zum Trotz ist der Nersinger optimistisch: Dass er krank wird, glaubt er nicht, bis auf eine Schulterverletzung war er in den vergangenen Jahren gesund, und die politische Lage hält er für „stabil“. Auch wenn das Auswärtige Amt warnt. Vor „vulkanischen Aktivitäten“, Drogenkartellen, Malaria, Gelb- und Dengue-Fieber. Zur Prophylaxe war er vergangene Woche beim Tropenarzt. Aber gegen Kriminalität gibt’s keine Pille: Ein Stück weit brauche so eine Unternehmung halt „die gute Hoffnung“. Empfänger der von ihm noch zu erradelnden Spenden ist die Giovane- Elber-Stiftung. Der Vater seiner Freundin, Richard Schrade, gehört seit der Gründung 1994 dem Vorstand des Vereins zur Förderung brasilianischer Straßenkinder an, der mit dem damaligen VfB-Fußballer Elber ins Leben gerufen wurde.

Spenden fürs Kilometerschinden: ab 20 € mit Quittung
Derzeit steckt Simon Galler in den Vorbereitungen: studiert Karten und baute vor zweiWochen sein Rad zusammen. Schlicht und robust sei es. Aber qualitativ hochwertig mit wartungsarmer Hydraulikbremse und stabilem Gepäckträger, beides gestellt von der Heidelberger Fahrradwerkstatt „Schaltwerk“. Zelt, Benzinkocher und Funktionskleidung bekommt er vom Outdoor- Laden „Backpacker“. Zehn Privatpersonen und kleinere Firmen aus der Region – etwa die Nersinger Hofmetzgerei Ley und Waitzinger Betonpumpen aus Neu-Ulm – haben ihm Spenden fürs Kilometerschinden zugesagt. Weitere Unterstützer sucht er derzeit. Angesichts der wirtschaftlichen Lage nicht ganz einfach. Aber: „Selbst bei einer Spende von einem Cent pro Kilometer kommt bei so einer Tour einiges zusammen.“ Ab 20 Euro gibt es von der Stiftung eine Spendenquittung. Informationen finden sich auf Gallers Internet- Homepage. Dort lässt sich auch seine Tour verfolgen. Fest stehe: „Verwaltungskosten werden von mir aus der eigenen Tasche bezahlt.“ Denn die Spenden sollen da ankommen, wo er vor dem Start zur Radtour ehrenamtlich arbeitet: in der Escola oficina Pestalozzi in Elbers Heimatstadt Londrina. Der Start – voraussichtlich am Dreikönigstag – wird für den 28-Jährigen ein Highlight: „Giovane will die ersten Meter mitfahren.“ Bis Ende April wird er dann viel allein sein. Das werde eine Prüfung. „Es wird auf jeden Fall Zeiten geben, wo ich an meine Grenzen komm’“, sagt Simon Galler nochmal. Denn so richtig allein war er noch nie unterwegs, durch die Alpen, die Slowakei und die Ukraine war stets sein „Radspezi“ dabei. Außerdem: Sprachbegabt sei er nicht eben. Kein Spanisch, kein Quetschua, nur Englisch und Deutsch. In Blumenau etwa will er deshalb „so lang mit dem Rad im Kreis fahren, bis mich einer zum Duschen und Essen einlädt“.

1 Kommentar:

  1. hallölle simon!!!
    schöner zeitungsartikel. so, bald geht es los nach südamerika ... wünsche dir ne aufregende, spannende zeit auf deinem tollen radl... genieße die zeit, wenn du kannst... so was erlebst du wahrscheinlich nicht all zu oft... awa ufbasse,ok!!!
    liebe grüße auch von tina und meiner 8. klasse.
    take care petra

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