Mittwoch, 24. Dezember 2008

Feliz Natal - Frohe Weihnachten

Am Montagmorgen sind wir in Londrina angekommen. Die Fahrt im Nachtbus war sehr relaxt, man hatte mehr Platz als im Flieger. Vom Busbahnhof Barra Funda sind wir los, da ging es nachts um 22.00 h noch zu wie auf dem Oktoberfest. Ein Gepaecktraeger schnuerte unsere Malas (Koffer) auf einen Sackkarren und war weg, helle Aufregung, es kam mir vor wie im Wilden Westen bei Wells Fargo & Co, ein Gewusel, es fiel schwer den Ueberblick zu behalten. Schlussendlich hat alles geklappt und 7 Stunden spaeter sind wir bei MAMA ELBER schwer bepackt angekommen.

Gegen Mittag sind wir dann das erste Mal in die Escola Oficina Pestalozzi. Julio Cesar zeigte uns die Raeumlichkeiten. Dann kamen die Kinder, alle in Uniform und teilweise schon mit den neuen Turnschuhen eingekleidet. Sehr diszipliniert nahmen erst mal alle Platz, dann stellten sich alle auf dem Spielfeld auf und fuehrten eine Art Tanz vor.
Gespannt vom Geschehen auf dem Platz nahm ich gar nicht wirklich wahr das Elber Giovani de Souza aufeinmal neben mir stand. Wir begruessten uns wie alte Freunde, sehr herzlich, unheimleich freundlich, unglaublich. Auch er sah gespannt den Kindern zu. Auf meine Frage,ob die Kinder es wahrnehmen wenn er hier ist meint er nur, dass die Kinder aktuell ihn nicht wirklich kennen, dass er mal ein bekannter Fussballer wahr wissen welche, es sei aber zu lange her.
Dann grosse Aufregung, ein Jeep faehrt vor, Leute rennen rum, das Lokalfernsehen zeichnet auf. Eine grosszuegige Spielzeugspende wird

den Kindern uebergeben. Plastikautos, Puppen, Baelle und andere Kleinigkeiten bekommen die crianças ueberreicht. Gluecklich nehmen sie wieder Platz, mir kommt es vor, dass manche gar nicht richtig registrieren, was hier passiert.

Im Anschluss spielen wir noch Basketball. Viele sind an meiner Person interessiert, es ist schon schade, dass ich mich nicht direkt mit ihnen verstaendigen kann, aber beim Spiel muss man das auch nicht unbedingt. Dann bekommen alle noch etwas zu trinken und zu essen, anschliessend gehen die Kinder nachhause. Ich blicke durch das Tor, sehe viele noch winken, weiss aber in Wirklichkeit nicht, wo sie nun hingehen, was sie nun erwartet. ABer das werde ich am Dienstagmorgen sehen koennen, Sida, die Sozialarbeiterin wird mit uns das Favela ansehen und dann kann ich mir einen Eindruck machen.

Das Favela welches ich heute gesehen hab ist noch eins der besseren, wurde mir gesagt. Wie ich mich aber fuehlte, puh. Die Leute leben in Baracken, schlimmer als zu meiner Zeit in der Stadtranderholung, als wir aus Kantholz und Schwarten Huetten gehaemmert haben. Alles Moegliche wird zum Huettenbau verwendet. Holz, Plastikplatten, Wellblechstuecke, Stoff, Metall, einfach alles und was man nicht mehr braucht schmeisst man einfach irgendwo hin oder zuendet es an, egal, storert hier eh niemanden. Teilweise sind die Strassen asphaltiert, ueberall laeuft irgendeine eklig beissede Bruehe aus den Huetten, Hundekot, Muell, igitt.



Cida spricht mit vielen Menschen, Eltern, Kinder die auf der Strasse rumhaengen, einige kennen noch Katarina. Bei manchen koennen wir teilweise in die Huetten blicken. Alle sind bereit, ein Foto mit uns zu machen, keinem ist dies unangenehm, viele ziehen sich sogar extra noch um.
Was mich wundert, viele Huetten haben Strom, irgendwo im freien steht eine Waschmaschine, aus manchen Baracken kommt laute Musik, Autos stehen in den Einfahrten, manche vielleicht noch fahrbereit, alle aber kurz vorm auseinanderfallen. In einer Huette wohnen Schicksalsfamilien, keine viele sind krank, drogenabhaengig, sitzen im Gefaengnis, gestorben oder in den zahlreichen umliegenden Bars erschossen worden. Junge Muetter in unserem Alter oder juenger haben schon mehrere Kinder, offene Fuesse, Narben, schwere Krankheiten, einfach nur traurig. Der Staat macht wenig, die Polizei ist korrupt, Drogen fliessen ohne Ende, ab 12 Jahre gehen sich viele schon auf die Strasse sich zu prostituieren.

Nach 2 Stunden Elend war ich erst mal platt.

Fuer den 23.12. ist eine Weihnachtsfeier angedacht. Die Lehrer haben viel vorbereitet. Die Kinder kommen sehr zahlreich, es wurde getanzt, eine Capoeira Einlage gab es, mehere Lieder wurden gesungen, eine kleine Theatervorfuehrung praesentiert und zum Schluss bekamen die Muetter, die ihre Kinder regelmaessig in die Schule schicken noch ein Geschenk.

Besonders gefreut hat es uns, dass wir die Geschenke fuer die Patenkindern von den Paten aus Deutschland ueberreichen konnten.

Nach einem anstrengenden Tag wurden wir von Carlos, dem Hausmeister (neuer Besitzer einer Oetinger-Taschenlampe) wieder nach Hause gebracht.

Die Brasilianer sind bekannt fuer ihre Lockerheit, ihre Lebens- und Kontaktfreude und Hilfsbereitschaft. Bisher hab ich so viel nette Leute kennengelernt, in der Schule, vom Capoeira, aber auch die Familie de Souza (eher bekannt unter Elber). Ich freue mich sehr, hier zu sein, hier Gast sein zu duerfen, ich fuehle mich sehr wohl, obwohl ich Weihnachten auch gerne zu Hause bei meiner Familie waere. Aber dieses Jahr ist alles ganz anders, ich sitze hier bei ueber 30 Grad, wie soll da Weihnachtsstimmung aufkommen? Gleich kauf ich mir eine Badehose und dann gehts in den Pool.

Wir wuenschen euch allen frohe Weihnachten <> Geniesst die Zeit innerhalb der Familie, kommt zur Ruhe und lasst es euch gut gehen. Und falls es vielleicht doch mal mit dem Weihnachtsfrieden im Argen ist, denkt an uns, denkt an die Kinder in den Favelas.
Wir wuenschen allen besinnliche Tage in Harmonie im Kreise der Familie und Freunden, wir denken an Euch.

Frohe Weihnachten, Mama, Papa, Christian, Jonas, Simone..



2 Kommentare:

  1. hallo!!!
    das hört sich ja alles ziemlich aufregend an, kann man sich ja kaum vorstellen, dass es noch menschen gibt, die so leben. nicht vergessen rechtzeitig bescheid geben wann die große radtour beginnt!
    freue mich jetzt schon auf die nächsten berichte ...
    feiert noch schön brasilianische weihnachten!!!
    liebe grüße aus nussloch von marvin

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  2. Hola Jophi,
    schön, dass es euch gut geht und hoffentlich konntet ihr gestern schöne Weihnachten feiern.
    Wir haben grad Papa besucht und ich soll Dich von ihm auch schön Grüssen. Er hatte deinen Anruf gestern nur um Sekunden verpasst.
    Ach ja, Blitzleistung war mit 45 km/h "nur" 15 darüber, kostet €25.... :-)

    Grüsse auch an
    Katta und weiterhin eine gute Zeit, wir denken an euch.
    LG Simone & Chris

    PS: Deine Artikel werden heiß gelesen...

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